Quo vadis Samsung?

Lukrative Apple-Produkte, preisaggressive Konkurrenz aus China und kultureller Wandel. Der Weltmarktführer muss umdenken, um seine Pole Position nicht zu verlieren.

Warum ist Samsung eigentlich binnen kürzester Zeit zum weltgrößten Mobiltelefon-Hersteller aufgestiegen? Die Antwort ist im Grunde banal: Weil die Koreaner es in den vergangenen Jahren am besten verstanden haben den Markt schnell mit Mobiltelefonen in hoher Qualität förmlich zu penetrieren. Und weil der langjährige Ex-Weltmarktführer Nokia kläglich versagt hat…

Warnsignale an allen Fronten

Doch jüngste Zahlen zeigen, dass Samsung seinen Zenit mittlerweile überschritten hat. So hat Samsung im vergangenen Quartal 15 Prozent weniger operativen Gewinn gemacht als im Vergleichsquartal 2013. Das ist zwar noch kein Grund zur Panik, doch im gleichen Zeitraum legten chinesische Unternehmen wie Huawei oder ZTE kräftig zu, da sie die gleiche Strategie wie Samsung verfolgen, dabei allerdings noch preisaggressiver sind.

Hinzukommt, dass Tablets jüngst immer mehr zu Ladenhütern werden, während stationäre Rechner und Notebooks derzeit eine Art Comeback feiern, so die Erfahrung des US-Elektronikriesen BestBuy in über 1.000 Stores. Nach stetig dynamischen Wachstumszahlen seit dem Nullpunkt dieser blutjungen Branche im April 2010 scheint die erste Marktsättigung erreicht zu sein. Eine Fülle von vergleichbaren und immer günstigeren Modellen hat den Tablet-Hype vorerst beendet – nur noch Apple verdient weiterhin fleißig durch die (ebenfalls rückläufigen) iPad-Verkäufen.

Apropos Apple: Zwar rangieren die Kalifornier bezüglich der weltweiten Smartphone-Marktanteile mit deutlichem Abstand hinter Samsung, doch in den Kategorien Prestige, Börsenwert und vor allem Profitabilität spielt Apple nach wie vor in einer höheren Liga. Hauptgrund ist vor allem die Tatsachse, dass Steve Jobs durch das geschlossene Betriebssystem rigoros dafür sorgte, die Zügel stets selbst in der Hand zu halten, während Android-Nutzer mitunter horrende Lizenz-Gebühren zahlen müssen – auch an Apple.

Aus diesem Grund versucht Samsung nun das hauseigene Betriebssystem Tizen in einer neuen, günstigeren Smartphone-Generation zu etablieren – auch im kritisch beäugten Marktsektor Smartwatches. Doch das ehrgeizige Projekt wurde jüngst wieder auf Eis gelegt bzw. erneut verschoben.

Samsung will sich neu erfinden

Die Koreaner müssen somit an allen Fronten agieren, um das Ruder wieder umzudrehen. Und das soll in erster Linie im Bereich Innovationskraft sein. Ihr grundsätzliches Problem dabei: Eine Ikone wie Steven Jobs hatten sie noch nie und ihre strikte Firmenpolitik verbietet den Aufbau eines Personenkultes auch.

Bis jetzt: Denn hinter den Türen wird bereits über eine Wandlung im Bereich Offenheit, Kreativität und Innovation angeregt, um neue geistige Kräfte zu wecken. Mehr Freiheit und Freizeit statt militärischem Drill und bindungslose Disziplin und Fleiß sollen dabei die Lösung sein, um gerade die junge, kreative Generation zu kreativen Höchstleistungen anzuspornen.

Das fängt bereits beim Brechen von Traditionen an. So ist es nach wie vor in Korea üblich abends exzessiv im Büro Alkohol zu trinken, wenn der Chef dazu bittet. Eine Ablehnung war bislang undenkbar, da der Respekt gegenüber der Hierarchie eine maßgebliche Philosophie in der koreanischen Kultur darstellt. Zumindest inoffiziell wurden die Chefetagen aber nunmehr aufgefordert, junge Mitarbeiter nicht mehr zum Bleiben und Vieltrinken zu zwingen. Zumindest ein kleiner Anfang wurde somit gemacht, zumal sich die Smartphone-Riesen Apple und Samsung zudem darauf geeinigt haben, außerhalb der USA nicht mehr weiter über Patentrechte zu streiten. Die gegenseitigen Klagen werden in allen Ländern, außer dem Heimatmarkt des iPhone-Konzerns, fallengelassen. Zumindest vorerst…

(Tarifecheck Ulf Schneider)