Strom- u. Gas-Liberalisierung

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Stefan
Moderator oder Gottheit !?
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Beitrag von Stefan » 07.03.2005, 01:13

@Matula,
Wieso würde Deine Stromrechnung um 10% höher, Stefan?
Wieso verstehe ich auch nicht. Ich habe letzte Jahresrechnung der Energie AG hergenommen und die 1830 KWh in den Tariferechner eingetragen. Der Rechungsbetrag der Energie AG waren ca. € 325,-. Beim Tariferechner ist (inklusive einmaliger Vergünstigung) bei den wasserwerken.at ein Betrag von eben 51 Cent weniger rausgekommen. Ohne Berücksichtigung einmaliger Vergünstigungen wäre AAE der Billigste mit rund € 338,-. Laut dem Tariferechner hätte ich eine Rechnung von gut € 344,- gezahlt, hab ich aber nicht, nur € 325,-
Wie du schon gesagt hast, nachvollziehbar ist das für einen Laien wie mich sowieso nicht mehr...
Aber das Entscheidende ist, daß wenn der Endkunde wechselt, der Nicht-Ökostrom-Anbieter um den Vebrauch dieses Kunden weniger "schlechten" Strom hineinpumpt und der Ökostrom-Anbieter um diese Menge mehr "guten" Strom. .... Übrigens: Global 2000 behauptet, daß Österreich mit seiner eigenen Stromproduktion auskommen würde, daß aber Teile unseres sauberen Stromes teuer ans Ausland verkauft werden würden und dafür billiger Atomstrom importiert wird (wer streift den Gewinn ein?).
Nach meiner Information ist das eine zu idealistische Sichtweise.
Wasserkraftwerk:
1.) Ein Wasserkraftwerk hat eine Abschreibungsdauer von sagen wir 30 Jahren, aber eine tatsächliche Nutzungsdauer von sagen wir 70 Jahren. D.h. es wird 40 Jahre "reiner Gewinn" erwirtschaftet. Personalkosten und Wartung sind vergleichsweise vernachlässigbar. Wasser fließt auch "gratis" den Fluß runter. In dieser Phase (nach den 30 Jahren) ist Wasserkraft vielleicht sogar billiger als Atomstrom (!) (Anm.: Darum sind besonders neue Wasserkraftwerke teilweise sehr umstritten: Überschwemmung von Ökosystemen; keine Notwendigkeit an zusätzlicher Stromproduktion; Ausbeutung der Natur <--> zu hoher Strompreis, weil die Natur doch jedem gehört)
2.) Wasserkraftwerke müssen eine gewisse Mindestmenge fördern, da das Wasser ja abfließen muss. Die Speicherung ist zeitlich relativ beschränkt - besonders bei Hochwasser. Darum wird in Österreich immer Wasserkraft-Strom "in den Strom-See" eingespeißt, egal wieviel jetzt laut Verträge eigentlich drinnen sein sollten! Der Strom hat eben kein Mascherl. Zudem noch etwas später, wenn es um Stromüberschuss und Stromnachfrage geht.

Global2000 hat zwar recht, aber es ist eine halbe Wahrheit und führt deshalb genau zu deiner Vermutung: Tausch teuren Strom gegen billigen Atomstrom und mach die volle Kohle --> ist so nicht richtig:
In Österreich haben wir ein "geschlossenes" Stromnetz und somit keinen Atomstrom. Es gibt jedoch "Verbindungsleitungen" ins Ausland. Der Grund ist Stromangebot/Stromüberschuss und Stromnachfrage. Zum Ausgleichen gibt es zwei Strategien:
1.) In den Alpenregionen gibt es "Speicherkraftwerke". Das Prinzip funktioniert so, das zwei unterschiedlich hochgelegene Bergseen mit einer Leitung und Turbine verbunden sind. Bei kurzfristigem Stromüberschuss wird das Wasser vom unteren See zum oberen See gepumpt. Bei kurzfristigem Strombedarf wird das Wasser abgelassen und zur Stromproduktion verwendet.
2.) Langfristigen Stromüberschuss wie Frühjahr oder Hochwasser können nicht mehr in Speicherkraftwerken aufgenommen werden und werden daher ins Ausland verkauft (deshalb die Leitungen ins Ausland). Dass dieser Strom aber nicht als teurer Naturstrom verkauft wird, sonder zu Großhandelspreise (=Atomstrompreise), hat Global2000 verschwiegen. Im Ausland wird die Produktion des Atomstroms einfach gedrosselt und alles ist wieder in Ordnung.
Bei Strombedarf im Winter wird Strom wieder nach Österreich importiert.
Der Anteil des Atomstroms, den die Anbieter angeben, ist nur der Saldo. In Wirklichkeit verbrauchen wir viel mehr Atomstrom, aber verkaufen im Gegenzug auch Wasserstrom. Das ist so wie mit der Arbeitslosigkeit: Die OECD-Schätzung zieht auch die offenen Arbeitsplätze von den Arbeitslosen ab. Drum ist sie niedriger und wird von der Politik immer herangezogen.
Aber aktuell verbrauchen wir mehr Strom, als produziert werden kann. Wir würden ohne Stromimport auskommen, wenn ... ja wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär ...

Ach übrigens, sehr kurzfristige Stromüberschüsse werden lokal so ausgeglichen, indem bei Straßenbeleuchtungen - wie bei der SO-Tangente - die Laternen kontrolliert und gegebenenfalls ausgewechselt werden. Also wenn du untertags mal die Straßenmeisterei siehst, die an einem beleuchteten Straßenzug die Lampen wechseln, ist es so gesehen keine Stromverschwendung.
Es macht leider wenig Sinn, den "Monopolisten" zu zeigen, daß man mit seinem Strom auskommt, denn der Preis ändert sich dadurch nicht.
Das würde ich so nicht sagen:
1.) Die meisten Wasserkraftwerke sind bereits abgeschrieben und produzieren daher den Strom wesentlich billiger, als er verkauft wird.
2.) Die Wasserkraftwerke müssen (wie obern erwähnt) produzieren. Daher würde bei stark stagnierender Nachfrage ein Angebotsüberschuss entstehen. Die volkswirtschaftliche Konsequenz ist ein sinkender Preis.
Leider ist das meistens eine Grundeinstellung der Leute ("kostet ja eh nur ein paar Groschen"). Daß es die Menge ausmacht
wie wahr, wie wahr .. den Seitenhieb an michey87 kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen :wink: :wink:
Denn die Autofahrer würden ja trotz verpflichtender Verwendung der eigenen Scheinwerfer nicht genug sehen, wenn die Straßenbeleuchtung nicht zusätzliches Licht herunterwerfen würde. Daß die Wiener Autofahrer aber durch die neuen "Rolling Boards" (riesige Werbetafeln neben stark befahrenen Straßen, die durch ihre permanent wechselnden Werbebotschaften die Aufmerksamkeit des menschlichen Auges auf sich ziehen) vom Verkehr abgelenkt werden, ist den Verantwortlichen egal. Da darf die Verkehrssicherheit ruhig sinken, Hauptsache Geld kommt herein.
Genauso habe ich es gemeint, du hast einfach verstanden, was ich meine :wink:
Anm: Trotzdem müsste die Beleuchtung nicht die ganze Nacht leuchten - Abschaltung von 0-4 Uhr möglich. Aber is auch eher Prinzipsache, tut nichts zur Sache.


Na gut, das ist jetzt ganz schön viel geworden. Hoffentlich wars informativ. Übrigens, einiges von dem hab ich schon in der Schule "gelernt"; und das ist schon etwas her :wink:


Grüße
Stefan

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