Strafrecht und Arbeitsrecht

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Wowo
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Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Wowo » 21.05.2015, 21:53

Frage zu diesem Artikel:

http://wien.orf.at/news/stories/2701538/

Wenn etwas strafrechtlich nicht sexuelle Belästigung ist, kann's arbeitsrechtlich logischerweise auch nicht sein, right?

Azby
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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Azby » 22.05.2015, 07:56

Wowo hat geschrieben:Wenn etwas strafrechtlich nicht sexuelle Belästigung ist, kann's arbeitsrechtlich logischerweise auch nicht sein, right?
Da liegst du falsch.
Strafrecht und Privatrecht (hier Arbeitsrecht) müssen unterschieden werden. Ein und dasselbe Verhalten kann in den verschiedenen Bereichen ganz unterschiedliche Konsequenzen haben.
Bsp: Ein Autofahrer, der fahrlässig einen Autounfall verursacht, bei dem es nur zu einem Sachschaden kommt hat nicht strafbar gehandelt (keine "fahrlässige Sachbeschädigung"), er (bzw. seine Versicherung) muss trotzdem den Schaden beim Unfallgegner zahlen.
Genauso ist es hier: Nur weil das verhalten nicht unter strafrechtliche Sanktion gestellt ist, wird sexuell belästigendens Verhalten idR immer eine Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes darstellen und kann, wenn das Verhalten von einem Arbeitnehmer gesetzt wird, auch zu einer Entlassung führen.

Wowo
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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Wowo » 22.05.2015, 11:50

Das Beispiel mit dem Auto ist kein guter Vergleich, da der Schaden ja exakt bezifferbar ist.

Aber dass man wegen einer Tat entlassen/gekündigt , deretwegen man gar nicht angezeigt werden kann (respektiv die Erfolgsaussichten gleich Null sind), ist wieder mal Juristenlogik.

Azby
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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Azby » 23.05.2015, 02:22

Wowo hat geschrieben:Das Beispiel mit dem Auto ist kein guter Vergleich, da der Schaden ja exakt bezifferbar ist.
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es geht ja nicht um die Bezifferbarkeit eines Schadens, sondern um den Vergleich Strafrecht-Zivilrecht.
Wenn du willst, können wir in den Autounfall auch einen leichten Personenschaden mit maximal 14-tägiger Gesundheitsschädigung einbauen. Dann war die fahrlässige Körperverletzung nämlich - leichte Fahrlässigkeit vorausgesetzt - auch nicht strafbar. Trotzdem ist - zivilrechtlich - ein etwaiges Schmerzengeld zu bezahlen (beziffer das mal exakt ;)).
Wowo hat geschrieben:Aber dass man wegen einer Tat entlassen/gekündigt , deretwegen man gar nicht angezeigt werden kann (respektiv die Erfolgsaussichten gleich Null sind), ist wieder mal Juristenlogik.
Warum? Das sind eindeutig zwei ganz verschiedene Dinge.
Um ein Beispiel aus dem Arbeitsrecht zu wählen: Du kannst auch entlassen werden, wenn du die Arbeitsleistung, zu der du eigentlich arbeitsvertraglich verpflichtet bist, "beharrlich verweigerst" (also zB grundlos über längere Zeit einfach nicht zur Arbeit erscheinst). Wenn der Arbeitgeber in einem solchen Fall von seinem Entlassungsrecht Gebrauch macht, bist du weg, hast dich aber genausowenig strafbar gemacht, wie im Autounfallbeispiel, da das schlichte Nichteinhalten von vertraglichen Verpflichtungen nicht strafbar ist.

Und weil du "entlassen/gekündigt" schreibst: Zur Kündigung (≠ Entlassung) braucht der Arbeitgeber überhaupt keinen Grund.

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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Wowo » 23.05.2015, 13:51

Und weil du "entlassen/gekündigt" schreibst: Zur Kündigung (≠ Entlassung) braucht der Arbeitgeber überhaupt keinen Grund.

In der Privatwirtschaft. Im öffentlichen Dienst wohl kaum.

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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Stefan » 23.05.2015, 13:57

Wowo hat geschrieben:Aber dass man wegen einer Tat entlassen/gekündigt , deretwegen man gar nicht angezeigt werden kann ...
Es wurde ja schon mit "Juristenlogik" geantwortet. Ich versuch es mal mit "Normalverbraucherlogik":
Wenn du in deiner Wohnung lebst, gibt es Hausregeln, z.B. "Haltung eines Hundes verboten".
Aber im täglichen Leben ist es nicht (strafrechtlich) verboten, einen Hunde zu halten.

Wenn du jetzt aus der Wohnung wegen dem Hund rausgeworfen wirst, kannst du nicht einfach kontern: Warum werde ich wegen einem Verbot (Hundehaltung) gekündigt, deretwegen ich gar nicht angezeigt werden kann ...

Gegenbeispiel: Du bist strafrechtlich ein verurteilter Mörder, darfst aber weiterhin in deiner Wohnung bleiben ...
Selber Gedanke: Warum werde ich NICHT gekündigt, weswegen ich angezeigt und verurteilt worden bin ...

Ich hoffe, es ist für dich nun verständlicher: Wohn-/Arbeitsrecht haben nicht zwingend mit dem Strafrecht zu tun.
Wowo hat geschrieben:
Azby hat geschrieben:Und weil du "entlassen/gekündigt" schreibst: Zur Kündigung (≠ Entlassung) braucht der Arbeitgeber überhaupt keinen Grund.
In der Privatwirtschaft. Im öffentlichen Dienst wohl kaum.
Das war anders gemeint: Kündigungen kann jeder Arbeitgeber aussprechen. Die Frage ist nur, ob vor dem Arbeitsgericht die Kündigung als berechtigt angesehen wird und somit dann zur effektiven Entlassung führt.

Im öffentlichen Dienst gibt es deshalb aus alten Sozialpartei-Zeiten das Instrument der Pragmatisierung, um hier der Willkür einen Riegel vorzuschieben...


Grüße
Stefan

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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Wowo » 24.05.2015, 12:21

Man kann auch entlassen werden, weil man zu wenig Haare am Kopf hat?

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Stefan
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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Stefan » 26.05.2015, 13:17

Wowo hat geschrieben:Man kann auch entlassen werden, weil man zu wenig Haare am Kopf hat?
Wenn du Frisur-Model bist ... :lol:

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Re: Strafrecht und Arbeitsrecht

Beitrag von Wowo » 26.05.2015, 14:02

Und angeblich muss ja der Beschuldigte beweisen, dass er NICHT sexuell belästigte.
Viel Spaß bei der Beweisführung.

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